Wie geht digitale Transformation ohne Bullshit?

Quelle: pexels
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Die Begriffe „Digitalisierung“ und „digitale Transformation“ haben in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit erfahren. So große Aufmerksamkeit, dass selbst die eigene Großmutter mindestens einen der beiden Begriffe schon einmal gehört hat. Daran trägt nicht zuletzt die FDP Schuld, die ihren Bundestagswahlkampf 2017 quasi komplett auf diesen Begriff ausgerichtet hat. Ein Grund zur Freude? Nicht ganz, denn wenn „Digitalisierung“ zur Ursache und Antwort aller Fragen gleichermaßen wird, besteht die Gefahr, dass der Begriff seines Sinns beraubt wird.
 
Zu Recht weist t3n-Chefredakteur Stephan Dörner in seinem Artikel „Warum die Digitalisierung zum Bullshit-Begriff zu verkommen droht“ darauf hin, dass dem Begriff der Digitalisierung dasselbe Schicksal droht, wie zuvor dem Begriff der „Globalisierung“. Insbesondere kritisiert er, dass die Stilisierung zum Kampfbegriff dazu führt, dass alles, was unter dem Begriff gemeint sein kann, nicht mehr als politisch gestaltbar wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden muss. Das die vielbeschworene „Industrie 4.0“ aber einen politischen Rahmen für Menschen UND Maschinen dringend notwendig hat, habe ich letzte Woche hier geschrieben.
 
Die größte Sorge besteht meines Erachtens jedoch darin, dass die Akteure der Digitalisierung, also Unternehmen, Angestellte, Arbeiter, Nutzer und Politik selbst beginnen an die entfesselte Macht und Ungestaltbarkeit zu glauben und dementsprechend nicht mehr tätig werden. Das wäre fatal!

Buzzwort-Bingo, Bullshit und keinen Plan: Überall!

Ist doch alles halb so wild, könnte man meinen. Ist es aber doch! Nur ein paar Tage nach der Bundestagswahl erklärte SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles den digitalen Kapitalismus zum Feind. Und auch die FDP kriegt auf Twitter ihr Fett weg, wenn Nutzer @nabertronic schreibt: Digitalisierung ist bei der #FDP auch nur eine nette Formulierung für sachgrundlose Befristung. #btw17

Stephan Dörners weiter oben genannte Diagnose, dass Digitalisierung zum Bullshit-Begriff zu verkommen drohe, ist nachvollziehbar. Denn die konkreten politischen Anliegen werden nicht durch die Digitalisierung berührt oder verhindert. Miese Arbeitsbedingungen bleiben auch mit iPad einfach miese Arbeitsbedingungen. Der propagandierte digitale Lifestyle der 24/7 Erreichbarkeit inklusive ultimativem Arbeitswillen wird als Minimum definiert.

Das Firmen wie Google spezielle Trainings gegen Burnout anbieten, Start-Ups mit der 4-Tage-Woche experimentieren oder auf Vertrauen in Sachen Gehalt und Anwesenheit setzen, das bespricht man ungern in voller Lautstärke. Wäre ja auch doof, denn dann müsste man eingestehen, dass die Arbeitswelt in erster Linie auf den konkreten Gegebenheiten der Unternehmen basiert. Am Ende müsste man gar eingestehen, dass Arbeit politisch gestaltbar ist. Analog UND digital.

Glauben genügt nicht. Gemacht muss es werden!

Ich habe mich erst letztens über den Buzzwort-Wahn der Hersteller vor der dmexco ausgelassen und geprüft, was hinter den Versprechen der künstlichen Intelligenz von SAP, IBM und Salesforce steckt. Ich persönlich halte das für notwendige Aufklärung, denn die Versprechungen der Technologie-Werbung sind verdammt verlockend. Alles wird automatisiert. Alles wird bequem. Alles kann in Zukunft von Algorithmen und Maschinen geleistet werden.

Na, toll. Wenn man das alles unhinterfragt glaubt, wird man im Chefsessel platznehmen und einfach warten. Warten darauf, dass der heilige Zustand des digital transformierten Unternehmens einfach so einkehrt, um bei Managern und Angestellten in Marketing, Vertrieb und Service für digitalen Seelenfrieden zu sorgen. Ich enttäusche an dieser Stelle nur ungern, aber das wird so nicht klappen! Transformation ist ein gestalterischer Akt. Um Schumpeters Konzept der schöpferischen Zerstörung zu bemühen: Zerstören und Schöpfen sind Handlungen, die Unternehmer und Angestellte tatsächlich leisten müssen!

Ohne Strategie, Konzept, Methoden und Change-Management wird’s nix mit der Transformation! Wie es dennoch geht, verraten wir im Video.

Digitale Transformation ernst nehmen und verteidigen

Neben der Erkenntnis der Gestaltbarkeit der digitalen Transformation müssen Unternehmer genauso wie Branchen-Experten darauf achten, wie sie den Begriff der Digitalisierung als Begründung heranziehen. Beispielsweise ist an der Ablösung von Papier und Excel-Listen durch ein geordnetes Customer-Care-Portal, das Ticketsystem und CRM kombiniert nicht „die Digitalisierung“ Schuld.

Die Ablösung ist notwendig, da die alte Methode langwierig, fehleranfällig und kurzum einfach Müll ist. Der Service war nicht mehr wettbewerbsfähig und Technologie unterstützt dabei diese Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Man hätte ja auch sagen können, dass nun alle Mitarbeiter 16 statt 8 Stunden arbeiten müssen. Wegen der Digitalisierung. Weil Facebook-Nachrichten zu drucken so zeitaufwändig ist.

Kurzum: Nicht alles, was digital daherkommt oder durch digitale Systeme unterstützt wird ist auch Digitalisierung. Noch viel weniger ist Digitalisierung jedoch ein Schicksal. Es ist eine Chance! Diese sollten wir uns nicht zerstören lassen.

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